Jetzt mal „Butter bei die Fische“ – Wie waren denn eigentlich meine eigenen Rückkehr-Erfahrungen?
Lange habe ich mich um das Schreiben dieses Artikels gedrückt. Denn rückblickend hätte ich es mir eigentlich nicht so schwer machen müssen. Wenn ich das gewusst hätte, was ich im Laufe der letzten Jahre über Veränderungsprozesse, Kulturschock, Rückkehrschock und Third Culture Kids gelernt habe, und wenn ich spezialisierte Unterstützung erhalten hätte, ja dann…! Dann wären mir so einige Umwege und Mühen erspart geblieben. Und dennoch bin ich dankbar für jede einzelne Erfahrung. Ich bin an ihnen enorm gewachsen und ohne sie wäre ich heute nicht die, die ich bin.
In der Hoffnung, dass ihr etwas für euch mitnehmen könnt, versuche ich nun, meine drei Rückkehr-Erfahrungen aus damaliger Sicht zu beschreiben und dann mit dem Abstand, den ich heute habe, zu kommentieren. Es folgt der erste Teil.
Die erste Rückkehrerfahrung
Als Kind deutscher Eltern bin ich im Ausland geboren und aufgewachsen. Zu Hause haben wir immer Deutsch gesprochen, ich habe zum größten Teil deutsche Schulen besucht und wir haben die Sommer- oder Weihnachtsferien in Deutschland bei den Großeltern verbracht. Ich identifizierte mich als Weltbürger, aber dennoch stark der deutschen Kultur zugehörig, sprach fließend Deutsch und stach auch optisch nicht aus dem Masse heraus.
Erst als ich mit 18 Jahren nach Deutschland kam, um meine Ausbildung anzufangen, wurde es mir schlagartig klar: Innen drin war ich anders. Dieses Phänomen beschreiben Pollock/van Reken/Pflüger in ihrem Buch „Third Culture Kids – Aufwachsen in mehreren Kulturen“ als das des „Heimlichen Einwanderers“. Ich hatte noch nie zu Neue Deutsche Welle Musik getanzt, ich kannte die Verkehrsregeln für Radfahrer nicht und habe viele Witze einfach nicht verstanden, weil ich mit einer anderen Art Humor aufgewachsen war. In Gesprächen mit anderen wurde deutlich, dass ich zu vielen aktuellen gesellschaftlichen Themen gar nichts wusste (es war das Jahr 1991 und es gab damals noch kein Internet!) und ich kam mir dumm vor. Vieles von dem, was ich in meinem Auslandsleben gelernt hatte und worauf ich stolz war, schien überhaupt nicht mehr relevant. Bei mir setzte sofort der Fluchtinstinkt ein: „Ich muss hier wieder weg!“ und ich wollte gleich nach Beendigung der Ausbildung wieder ins Ausland.
Rückblickend war die erste Rückkehr eigentlich keine
Auch wenn es für mich de facto keine Rückkehr war, so hatte ich dennoch unbewusst die Erwartungshaltung entwickelt, dass es sich wie Heimat anfühlen musste. Aber das konnte es natürlich nicht. Das einzige ortsbezogene Heimatgefühl, das ich kannte, war das „im Ausland sein“, da fühlte ich mich am wohlsten. Auf der Beziehungsebene waren meine engste Familie meine Heimat und ganz wichtig, meine Freunde, die Ähnliches erlebt hatten. Wir hielten ganz stark zusammen, reisten kreuz und quer durch’s Land und auch ins Ausland, um uns gegenseitig zu besuchen. Das machen wir übrigens bis heute!
So richtig eingelebt habe ich mich damals in Deutschland nicht. Insgesamt waren es sieben Jahre, in denen ich nicht immer im Hier und Jetzt lebte, sondern stets mit großer Sehnsucht auf das nächste Auslandsabenteuer hin fieberte.
Auch wenn ich mich in der weltoffenen Stadt Hamburg sehr wohl fühlte, eine international ausgerichtete Ausbildung machte, wunderbare weltoffene neue Freunde fand, mich in die Liebe meines Lebens verliebte, einen spannenden ersten Job landete und mich mit der lokalen Kultur auseinandersetzte, so hatte alles irgendwie einen faden Beigeschmack.
Im Nachhinein denke ich mir, hätte ich diese Zeit doch eigentlich voll genießen können. Aber ich hatte eines überhaupt nicht getan: Meine Abschiede, meine inneren und äußeren Veränderungen und meine Trauer darüber bewusst zu verarbeiten. Ich tat alles, um mich mit Spaß und neuen Erlebnissen bei Laune zu halten, bis ich wieder ins Ausland gehen konnte. Der fade Beigeschmack war einerseits das Vermissen des aufregenden Auslandslebens, aber auch das Verdrängen tieferer Gefühle. Denn sonst hätte ich mich ja der schmerzhaften Trauer stellen müssen. An dieser Stelle sei nur gesagt, die Trauer kam dann viele Jahre später aus heiterem Himmel und mit doppelter Wucht. Und das gehört zu den Dingen, die ich mit heutigem Wissen anders und viel früher angegangen wäre.
Bis hierhin heute meine Reflexionen zu meiner ersten Rückkehr, die nächsten folgen bald. Ich hoffe, ich konnte euch auf meiner Reise ein Stück weit mitnehmen. Auch wenn ich die Rückkehr als Third Culture Kid erlebt habe, lassen sich dennoch einige Tipps für Rückkehrer im Allgemeinen ableiten, die ich euch ans Herz legen möchte.
6 Tipps für die Rückkehr:
- Halte dich während des Auslandsaufenthalts über die gesellschaftlichen Entwicklungen in der Heimat auf dem Laufenden
- Pflege den Kontakt zu Freunden und Familie in der Heimat, daran kannst du nach der Rückkehr einfacher anknüpfen
- Prüfe, mit welcher Erwartungshaltung du zurückkehrst und mach einen Realitätscheck
- Verarbeite deine Erfahrungen und Gefühle bewusst und suche dir ggf. Unterstützung
- Wie kann ich die Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem Auslandsleben in das Leben in der Heimat so integrieren, dass es sich für mich gut anfühlt?
- Pflege Kontakte zu anderen, die Ähnliches erlebt haben
Wenn du dir bei deiner eigenen Rückkehr Unterstützung wünschst, biete ich hierzu Einzelcoaching und ganz neu auch ein Gruppencoaching an. Nimm gerne Kontakt mit mir für ein kostenloses Kennenlerngespräch auf oder suche dir direkt einen Termin in meinem Kalender aus.
Für diejenigen von euch, die Eltern von Third Culture Kids sind und sich über eine gute Begleitung bei der Rückkehr Gedanken machen, biete ich eine Erstberatung an und empfehle gerne spezialisierte Kolleginnen aus meinem Netzwerk.