Rückkehr mit Hindernissen – Über das Ankommen während Corona

Interview mit Rebecca Lüppen

Rebecca Lüppen ist Gründerin von SheExpat (www.sheexpat.com) und bietet Expat Career und Life Coaching für weibliche Fach- und Führungskräfte an. Sie hilft weiblichen Expats dabei, die Veränderungen, die ein mobiles Leben mit sich bringt, aktiv zu gestalten, Beruf und Privatleben in Einklang zu bringen und sich sicher und erfolgreich in unterschiedlichen Kulturen zu bewegen.

Rebecca und ich kennen uns seit einem guten Jahr, denn wir wohnen beide in Hannover und sind Mitbegründerinnen des Instituts für mobilen Lebensstil, wo wir uns mit drei weiteren Kolleginnen auf die Stärkung deutschsprachiger Familien im Ausland spezialisiert haben. Ihr findet uns unter www.mobile-familien.de.

Ich wollte von Rebecca aus erster Hand erfahren, wie es für sie war, zwei Wochen vor Beginn des ersten Lockdowns mit ihrer sechsköpfigen Familie aus dem Ausland zurückzukehren. Sie berichtet von den besonderen Herausforderungen, die ihr begegnet sind, ebenso wie von den Ressourcen, die ihr und ihrer Familie am meisten bei der Bewältigung geholfen haben. Das 30-minütige Zoom-Interview findet ihr auf YouTube und ihre wichtigsten Kernaussagen haben wir hier stichpunktartig zusammengefasst:

Was waren für dich die größten Herausforderungen bei dieser besonderen Rückkehr so kurz vor dem ersten Corona-Lockdown?

  • Rückkehr in einer Zeit, in der alle Menschen sich auf ihre Kernfamilien und engsten Freunde beschränken müssen.

Das Gefühl, endlich nah der Familie zu sein und sie dennoch nicht besuchen zu können.

  • Umzug aus einer möblierten Wohnung in ein unmöbliertes Haus mit vier Kindern, das Kleinste 6 Monate alt. Das Haus kannte ich nur aus dem Internet.
  • Nach zwei Wochen Schule wechselten meine Kinder direkt ins Homeschooling.
  • Wir hatten Glück, wir sind kurz vor Lockdown rein gehuscht, sonst hätte es mit dem Umzug nicht so reibungslos geklappt.
  • Relative Isolation aller Familienmitglieder.
  • Organisatorische Herausforderungen, die ich nicht erwartet hätte: Beantragung deutscher Geburtsurkunden, deutsches Kindergeld, etc. Alles war recht kompliziert, da meine ehemalige Heimatgemeinde leider die Kinder nicht in das Geburtsregister eingetragen hatte (bürokratische Fallstricke…), Krankenversicherung… irgendwie waren wir überall ein Sonderfall. Parallel dann mein Businessaufbau, das ist auch eine Herausforderung aber eine sehr Positive.
  • Das Fernweh hatte ich definitiv unterschätzt und leide jetzt noch ein wenig darunter, insbesondere da Reisen eben nicht möglich ist. Wir wollten unseren Kindern Europa zeigen… das muss nun alles erst mal warten.
  • Und dann ist da noch der “Reverse Culture Shock” – irgendwie dachte ich als interkulturelle Trainerin weiß ich ja eh Bescheid und wird schon werden … nun ja, was soll ich sagen … es hat mich voll erwischt. Ich habe Probleme mich z.B. mit der Mentalität in meiner Nachbarschaft (freundliche, aber deutliche Distanz). Irgendwie fehlt mir hier in Deutschland ein bisschen die Leichtigkeit in Allem – auch das kann natürlich mit Corona zusammenhängen. Und mir fehlt der “Glitz und Glam” des Expat-Lebens – die Ayi, eine Fulltime-Haushälterin, tolle Urlaube, Essen im Fünf-Sterne Hotel, mehrmals im Monat, ja, auch das tolle Haus, das die Firma für uns gemietet hatte.
Familie Lüppen

Was hat dir bei der Bewältigung dieser Herausforderungen geholfen?

  • Optimismus: Ich wusste, dass wir es als Familie gut gemeinsam bewältigen werden, denn wir haben es immer überall geschafft.
  • Wir gehen positiv auf Veränderungen zu.

Äußere Unsicherheit verunsichert mich nicht mehr im Inneren, das hilft natürlich auch. Wer so oft irgendwo neu anfängt, weiß einfach, dass die Dinge sich ergeben werden.

  • Ich wusste auch, dass all die wundervollen Ressourcen, die meine Third Culture Kids erworben haben, uns einen Neuanfang hier ermöglichen würden: Sie sind allesamt offene Wesen, die schnell Anschluss finden und ich wusste somit, dass sie auch wieder Freunde finden werden.
  • Ich hatte mir vorgenommen, dass ich es dieses Mal sehr aktiv unterstützen wollte, dass die Kinder in Gruppen reinkommen. Wir planten also eine Welcome in Hannover Party, denn die Kinder hatten in einer Probewoche in der Schule und im Kindergarten schon erste Kontakte geknüpft und die wollte ich festigen – doch der Lockdown kam uns zuvor. Sobald es aber wieder erlaubt war, haben wir z.B. eine Outdoor-Kletter-Aktion gemacht mit Picknick im Freien und sind so schon mal mit einigen Familien in Kontakt gekommen.
  • Ich habe natürlich auch Glück, dass ich in den Einzugsbereich meines ehemaligen Arbeitgebers gezogen bin und wir somit einige “alte” Kontakte aus der Expat-Zeit wieder aufleben lassen konnte. Das hat gerade meiner Großen geholfen, eine Kameradin aus ihrer Kommunionsgruppe in Changchun hier wieder zu treffen. Ich habe mich auch mit anderen Expat-Frauen auf einen virtual Coffee verabredet, sowohl mit privatem Fokus, aber habe mich auch aktiv an solche gewandt, die ebenfalls als Coaches für Expats oder interkulturelle Trainerinnen arbeiten, und so haben ja auch wir uns schlussendlich kennengelernt.

Ich denke, die einzige Möglichkeit ist es, aktiv auf das Umfeld zuzugehen. Keiner hat hier auf uns gewartet, da muss man eben selbst in Aktion treten.

Welche Art von Support hättest du dir gewünscht bzw. hast du in Anspruch genommen?

  • Für mich persönlich war es sicher gut, dass ich mich ja noch in meiner eigenen Coaching-Ausbildung befand. Da verarbeitet man selbst ja auch Einiges. Was ich außerdem immer wieder erlebe ist, dass es Eltern unheimlich hilft, sich damit auseinanderzusetzen, was das mobile Leben mit den Kindern macht.
  • Und dann habe ich natürlich von Deinem und Christinas Arriving Programm gehört und war sofort total begeistert. Leider konnte ich zeitlich nicht teilnehmen, aber ich kenne die Inhalte ja etwas von Dir. Ich denke das ist etwas, was wirklich sehr konkret helfen kann, wenn man sich zum einen bestimmte Dinge mal klar macht (was ist ein Re-Entry-Shock, welche Einstellung haben eventuell Third Culture Kids gegenüber der Herkunftskultur, die sie nicht kannten, dass Fernweh ein sehr übliches Phänomen ist usw.). Und dann die Möglichkeit, sich in einer Gruppe mit anderen RückkehrerInnen auszutauschen, die sich in exakt der gleichen Phase befinden, das ist eigentlich unbezahlbar.

Rebeccas Schilderungen geben einen sehr guten Einblick in die Herausforderungen, die das Wiedereinleben während Corona mit sich bringt. Wir durften auch eine Reihe wertvoller persönlicher Tipps zur Bewältigung dieser Hürden erfahren. Vielen Dank Rebecca!

Wenn du auch gerade aus dem Ausland zurückgekehrt bist, ist vielleicht unser Arriving Gruppen-Coaching für Auslandsrückkehrer etwas für dich. Gemeinsam mit meiner Kollegin Christina Kapaun ist es uns ein Anliegen, die TeilnehmerInnen bei ihrem ganz individuellen Ankommensprozesses zu begleiten. Wir kombinieren fundiertes Hintergrundwissen mit erprobten Strategien für eine sanfte Landung und bieten die Möglichkeit, sich in einem sicherem und wohlwollenden Rahmen miteinander auszutauschen.

Die nächsten Start-Termine sowie weitere Infos zu „Arriving“, unserem Online Gruppen-Coaching Programm für Rückkehrer, findest du hier. Des Weiteren biete ich Einzelcoaching sowie vorbereitende Rückkehrer-Workshops an. Gerne berate ich dich in einem kostenlosen Kennenlerngespräch, welches Format das geeignete für dich ist. Nimmt mit mir per Mail Kontakt auf oder such dir am besten gleich einen Termin über die Kalenderfunktion aus.

Einen weiteren Blog-Artikel zum Thema Rückkehr in Corona-Zeiten findest du hier. Bist du auch inmitten der Pandemie aus dem Ausland zurückgekehrt? Ich freue mich auf deine Erfahrungen in den Kommentaren!

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